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Die muslimische Umma

Auszug aus Kapitel 5 des DIdI-Skriptes "Islamische Geschichte"
Allgemeine Kennzeichen der muslimischen Gesellschaft und Vergleich mit
anderen Gesellschaften

Charakterisierung der idealen Gesellschaft in der unmittelbaren Folgezeit
des Gesandten Allahs (s.a.s.)
Der Gesandte Allahs (s.a.s.) schaffte es in kurzer Zeit, eine ideale Gesellschaft aufzubauen. Dies wurde durch die nochmalige Erziehung der Menschen, die in der Dschahilillya lebten, durch den Islam erreicht. Diese ideale
Gesellschaft, deren Grundsteine der Gesandte Allahs (s.a.s.) legte, strahlte danach so nachhaltig in die Welt aus, daß in ungefähr einem Jahrhundert ein großer Teil der Menschen zwischen Spanien und China den Islam annahmen, da ihnen die Sahaba, die vom Propheten (s.a.s.) erzogen wurden, und die Tabi'un, die von den Sahaba erzogen wurden, moralisch, menschlich, geistig und spirituell durch ihr lebendiges Beispiel eine faszinierende Alternative zu ihrem bis dahin in Dunkelheit und geistiger Enge geführtes Leben boten.
Der Aufbau dieser idealen Gesellschaft, weißt erstens auf den durchschlagenden Erfolg der Gesandten Allahs (s.a.s.)
hin und zweitens auf die Fähigkeit des Islam hin, aus einer chaotischen, in geistiger Armut lebenden Gesellschaft, eine ideale Gesellschaft zu formen.
Lehrinhalt:
• Es sind die Faktoren, die den Islam ausmachen, die die Menschen zu einer idealen Gesellschaft formen. Somit ist jederzeit dieser Prozeß wiederholbar, wenn die muslimische Gemeinschaft sich wieder zurück auf den Quran und die Sunna besinnt.
• Eine idelale muslimische Gesellschaft hat folgende Kennzeichen in ihrer Ausstrahlung nach außen:
1. Sie gibt der Meschheit etwas und beutet sie nicht aus,
2. sie nimmt ihre von Gott aufgetragenen Aufgabe der Zivilisierung und Bebauung der Erde wahr,
3. sie bietet den Menschen eine Lösung für ihre aktuellen Probleme

Mittel, mit denen der Islam die Gesellschaft formt
Der Islam formt die oben charakterisierte ideale Gesellschaft nicht etwa durch ein Einheitsdenken der Menschen, wie die Idealisten in ihren Theorien anstreben. In einer muslimischen Gesellschaft ist Platz für Andersdenkende. Der Islam ist eine offene Gesellschaft.
Vielmehr wird die islamische Gesellschaft durch die ständige Dynamik der Träger der Gesellschaft geformt - durch den persönlichen Einsatz, der Anstrengung auf dem Wege Gottes (arab. dschihad), der bis zum Tag der Auferstehung andauert, um es mit den Worten des Gesandten Allahs (s.a.s.) auszudrücken. Dieser Einsatz für Gott, der Dschihad, hat zwei Teile:
1. auf persönlicher Ebene: der große Dschihad, den ein Muslim gegen sein Ego und seine schlechten
Charaktereigenschaften führt, um selbst ein besserer Mensch zu werden und
2. in räumlich und zeitlich ausgedehnter Dimension: der kleine Dschihad, mit dem das Programm des Islam in die Welt getragen wird, um den Menschen – ohne Zwang den Islam anzubieten. Ob sie ihn Annehmen wollen oder nicht, ist eines jeden eigene Sache. Die Muslime haben durch diesen kleinen Dschihad lediglich dafür zu sorgen, daß
a) jeder Mensch die Botschaft des Islam kennenlernt und
b) das jeder Mensch sich in freien Stücken für oder gegen den Islam entscheiden kann.


Vergleich mit auf anderen Weltanschauungen beruhenden Gesellschaften
Die islamische Gesellschaft hat in der Geschichte gezeigt, daß sie
– offen und tolerant,
– effektiv und
– gesellschaftlich, wenn auch nicht immer politisch, einig ist; der Begriff der Umma (d.h. die muslimische
Weltgemeinschaft) besteht auch in Abwesenheit z.B. eines Kalifats, welches alle Muslime umfaßt.
Wenn es in der Geschichte auch öfters Wechsel in der Führung und Führungsart gab, wie in den früheren Kapiteln (des DIdI-Skriptes "Islamische Geschichte") beschrieben wurde, und wenn auch öfters die Führung sich auf die eine oder andere Art von der Praktizierung des
Islam entfernte, so führten die muslimischen Gesellschaften im muslimischen Kernland auf allen Ebenen des Islam
– 1. im gottesdienstlichen Bereich, 2. in den zwischenmenschlichen Beziehungen wie Handel usw. (arab. mu'amalat)
und 3. im moralischen und charakterlichen Bereich - ihre Praktizierung des Islam weiter.
Aus diesem Grund gelang und gelingt es der muslimischen Gesellschaft, sich weiter auszudehnen, ohne einen Verlust der eigenen Werte in Kauf nehmen zu müssen. Wenn man zum Vergleich andere Gesellschaften ansieht, so findet man nicht diese Vollkommenheit.

Die christliche Gesellschaft z.B. ist eine offene Gesellschaft, wo jeder seine Chance bekommt. Jedoch gibt es kein einheitliches Konzept bzw. Vision dieser Gesellschaft, sich mit der übrigen Welt zu arrangieren. So findet man solch gegensätzliche Konzepte wie Kolonialismus und von christlichen Fundamentalisten getragenen Neokolonialismus auf der einen Seite und das Konzept der Entwicklungshilfe auf der anderen Seite.
Die jüdische Gesellschaft ist z.B. eine hoch effektive Gesellschaft, die aber keine offene Gesellschaft ist, zu der auch Nichtjuden Zugang haben. Und so strebt eine solche Gesellschaft auch nicht nach kooperativem und freundschaftlichem Umgang mit dem Rest der Welt.
Die muslimische Gesellschaft setzte sich im Verlauf der Geschichte aus einer Vielfalt von verschiedenen Individuen und gesellschaftlichen Gruppen zusammen. Diese Vielfalt vergrößerte sich ständig mit der Zeit und mit der räumlichen Ausbreitung des Islam und der Islam strebte zu jeder Zeit nach einem Umgang mit der gesamten Welt.
Um die muslimische Gesellschaft zu analysieren, müssen folgende Punkte betrachtet werden:
1. Analyse der verschiedenen Indididuen und Gruppen, die zur muslimischen Gesellschaft gehören,
2. Beziehungen der verschiedenen Indididuen und gesellschaftlichen Gruppen untereinander,
3. Verhältnis der verschiedenen Indididuen und gesellschaftlichen Gruppen zur vom Islam dominierten
Staatsführung bzw. Staatsmacht,
4. das Verhältnis der verschiedenen Indididuen und gesellschaftlichen Gruppen zur Religion des Islam und
5. die Stellung, die die verschiedenen Indididuen und gesellschaftlichen Gruppen in der Gesamtgesellschaft
einnehmen
Dies folgt inscha Allah in weiteren Abschnitten des DIdI-Skriptes "Islamischen Geschichte"
geschrieben am 18.08.2005
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Autor Samir Mourad